Memento Mori 3
Da steht man nun mitten im Beinhaus, dem Ossario, in Kutná Hora Sedlec, Tschechien, und weiß nicht, was man von dem Ganzen halten und ob man lachen, weinen oder sich entrüstet abwenden soll.
Ganz gegensätzliche Gefühle streiten miteinander: Von Abscheu über eine dunkle Faszination über Ungläubigkeit, dass es so etwas geben kann, bis hin zum fast ehrfürchtigen Realisieren, dass es sich bei jedem einzelnen der Schädel um einen wirklichen Menschen vergangener Jahrhunderte handelt.
Die Ehrfurcht setzt sich schließlich durch.
Wieviele Schicksale sind hier versammelt?!
Menschheitsgeschichte in stummen Schädeln und Gebeinen …
Und plötzlich stören mich nicht mehr die Totenschädel und ihre kunstvolle Drappierung, sondern nur noch das z. T. respektlose Verhalten der Touristen aus aller Herren Länder.
Ich würde Ihnen gerne zurufen:
„Leute, was Ihr hier seht, das sind die Überreste von 40.000 einzelnen, wirklichen Menschen! Sie alle haben gelebt, geatmet, geliebt, sich gesorgt, gekämpft – so wie Ihr, so wie wir alle. Und sie sind schließlich gestorben – darin sind sie uns voraus. Das haben wir noch vor uns …“
Meine Güte, wird das bei der Auferstehung schwierig!
Ja, diese Art Humor passt irgendwie zu dem Ganzen …
Als wir in die Kammer gingen, wollte ich erst nicht glauben, was ich da sah.
Kutná Hora hat übrigens zwei Kirchen, die zum Weltkulturerbe gehören: die St.-Barbara-Kirche in der Innenstadt und die Kathedrale Mariä Himmelfahrt in Sedlec, wo sich direkt um die Ecke das Ossarium befindet.