Bleibende Spätfolge Gesichtslosigkeit
Was für ein banales Foto als Titelbild, nicht wahr?!
Es handelt sich um einen Blick in die Einkaufsstraße, die Fußgängerzone, von Bocholt, direkt an der holländischen Grenze gelegen.
Warum ich dieses Bild eingestellt habe und die anderen dazu?
Weil heute der 22. März ist und dieses Datum viel mit der Banalität des Einkaufsstraßenbildes zu tun hat.
In den letzten Wochen bin ich aus unterschiedlichen Gründen in verschiedenen Städten gewesen: In Wesel, Möchengladbach und eben in Bocholt. Sie liegen alle im Bereich des Niederrheins, aber Städte wie diese gibt es in Deutschland und anderen Ländern – viele und überall.
Durch die Zentren dieser Orte zu laufen, hat mich sehr betroffen gemacht. Zuerst wusste ich gar nicht, warum. Dann aber wurde es fast schmerzhaft klar:
Es war die Gesichtslosigkeit der Städte, die mich ansprang.
Was mich so betroffen machte, war das, was eben nicht mehr war.
All diese Städte sind – z. T. sehr spät noch – während des 2. Weltkrieges in einem Maße bombardiert worden, dass kaum mehr etwas von ihrer ursprünglichen städtischen Baussubstanz übriggeblieben ist.
Mönchengladbach wurde zu etwa 65 % zerstört, Wesel im Februar 1945 fast vollständig pulverisiert, und Bocholt wurde – eben am 22. März 1945 – zu 85 % in Grund und Boden bombardiert.
Natürlich hat man nach 1945 all diese Städte wieder aufgebaut und immer wieder modernisiert. Sie verfügen über attraktive Einkaufsmöglichkeiten.
Aber sie haben kein wirkliches Gesicht mehr …
Dabei sind es gerade die wenigen verbliebenen Reste der Vergangenheit, die man hat retten und rekonstruieren können, die den Verlust all der anderen Gebäude, des Kerns, so schmerzhaft deutlich machen. Hier z. B. ein mittelalterliches Haus, das heute als Kneipe dient; in Bocholt das liebevoll restaurierte Rathaus (siehe unten) – wohl neben der Kirche St. Georg das einzige alte Gebäude der Stadt.
Bocholt, Mönchengladbach, Wesel und so viele andere Städte in Deutschland und überall: Der Krieg hat ihr Herz genommen, ihre Seele gestohlen.
Hat letztlich ihre Identität zerstört.
Unwiederbringlich – und allen heutigen Versuchen, „attraktiv“ zu sein, zum Trotz.
Bleibende Spätfolge Gesichtslosigkeit …
Das alte Rathaus, das einzige alte Haus der Stadt. Auch um den Platz um das Rathaus herum gibt es nur Nachkriegsbebauung. Hinter dem Rathaus liegt noch die Kirche St. Georg, die ebenfalls rekonstruiert werden konnte.
Das neue Rathaus in Bocholt, auf dessen Fassade die wichtigsten Daten der Stadt festgehalten sind: