Die gleichberechtigte Frau in der neoliberalen Gesellschaft – Zum internationalen Frauentag

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Die gleichberechtigte Frau in der neoliberalen Gesellschaft – Zum internationalen Frauentag

–     Du weißt ja, Frau, Du bist gleichberechtigt und darfst arbeiten und selbst für Deinen Lebensunterhalt und Deine Rente sorgen. Du MUSST es aber auch: Gleiche Rechte – gleiche Pflichten! Gleichberechtigt eben!
–     Schön und gut, dass Du Karriere machst, Frau, aber hast Du Dir schon mal überlegt, was das mit dem Selbstbewusstsein Deines Partners macht, wenn Du mehr verdienst als er?
–     Keine Kinder haben wollen? Frau, das geht nun gar nicht, das ist gesellschaftlich gesehen unverantwortlich. Außerdem: Eine Frau ist erst wirklich Frau, wenn sie ein Kind hat. Das ist biologisch eben so und entspricht dem Wesen der Frau. Immerhin kannst Du Deine Eier jetzt einfrieren lassen für den passenden Zeitpunkt.
–     Du willst nach der Geburt wieder sofort arbeiten gehen, um keine finanziellen Einbußen zu haben, Frau? Was bist Du nur für eine Rabenmutter! Das arme Würmchen so früh in die KiTa abzuschieben!
–     Nach der Geburt willst Du erstmal ganz Mutter sein im gesetzlich möglichen Rahmen: Das ist nicht wahr, oder?! Kein Wunder, dass die Firmen nicht gerne Frauen einstellen. Wie kannst Du Deinem Chef so etwas zumuten, Frau!?! Die KiTa hat noch keinem Kind geschadet!
–     Wie?! Die Geburt Deines Kindes ist schon vier Wochen her, und Du hast immer noch ein paar Kilos zuviel drauf, Frau?! Iihh, das geht gar nicht! Lass Dich nicht so hängen!
–     Dein Kind ist krank, und Du hast einen wichtigen Auswärtstermin für Deine Firma? Also, Frau, da sind die Prioritäten ja wohl klar, oder?! Dein Partner? Aber der muss doch arbeiten gehen!
–     Auch wenn Du voll arbeitest Frau: Es geht nicht, dass Du Deinem Kind keinen selbstgebackenen Geburtstagskuchen mit in die KiTa gibst. Vegan sollte er übrigens sein!
–     Wie, Frau, Du kannst nicht am Basteltag, am Backnachmittag und an der Theaterprobe Deines Kindes teilnehmen!? Soviel Zeit muss einem aber doch das eigene Kind Wert sein, bei allem Verständnis für Deine Berufstätigkeit!
–     Frau, wow siehst Du gut aus, aber Du könntest doch noch mehr aus Dir machen. Das mögen auch unsere Kunden, das ist gut für’s Geschäft. Anzügliche Bemerkung?! Wieso, Frau, stell Dich nicht so an!
–     Ungleiche Bezahlung? Ja, wenn Ihr immer in die typischen Frauenberufe geht – was wundert Ihr Euch! Studiert MINT-Fächer, werdet Ingenieure – und alles ist gut. Wichtig ist dabei nur, dass genug von Euch Frauen weiterhin als Pflegekräfte, Erzieherinnern, Krankenschwestern, Grundschullehrerinnen, Arzthelferinnen und Kassiererinnen arbeiten. Wer soll diese schlechtbezahlte Arbeit am Menschen – und dann noch oft als 450-Euro-Job – denn sonst machen?!
–     Immer die Klagen der alleinerziehenden Mütter! Also, Frau: Zwei Kinder allein großziehen mit allem Drum und Dran, das sollte Dich doch nicht daran hindern, voll zu arbeiten. Musst Du ja gesetzlich auch! Dein Partner? Der zahlt nicht? Naja, immerhin geht er alle vierzehn Tage mit den Kindern in den Zoo. Meistens jedenfalls. Kein Grund, sich zu beklagen, Frau.
–     Ja, ja, ich weiß, Du arbeitest voll, hast Dich um die Kinder gekümmert und das bisschen Haushalt gemacht. Echt jetzt: Was ist daran so schlimm, dass Du heute Abend müde bist und keine Lust mehr auf Sex hast? Frau, Du könntest ruhig etwas erotischer rüberkommen!
–     Bei allem Verständnis für Berufstätigkeit, Kinder und Haushalt: Ein bisschen Zeit fürs ehrenamtliche Engagement sollte schon auch drin sein, Frau! Wer soll denn sonst für den Blumenschmuck in der Kirche sorgen, die Schulbibliothek managen, die Essensausgabe in der Schulmensa stemmen oder den Alten vorlesen?
–     Gymnastikklamotten in Größe 42 wollen Sie kaufen, Frau? Sooo etwas führen wir nicht! Elefantenturnen gibt’s übrigens im Zoo!
–     Ja, ja, Du hast gerade einen tollen Posten bekommen, Frau – viel Geld, viel viel Verantwortung. Aber immerhin sind Deine Kinder jetzt schon größer. Mein Gott, da dürfte es doch kein Problem sein, zusätzlich Deine Mutter zu pflegen, oder?!
–     Der Vater Deines Partners braucht jetzt auch Pflege. Ins Heim? Das ist doch nicht Dein Ernst, Frau?! Dein Partner? Der kann ihn doch nicht pflegen, der steht kurz vor der Beförderung. Das kannst Du ihm doch nicht antun! Deine Karriere? – Ja, ja, schön und gut, aber Pflege ist nunmal letztlich doch Frauensache, oder?!
–     Minimale Rente? Altersarmut? Tja, Frau, selbst Schuld! Das weiß man doch vorher: Nur Krankenschwester werden, dann Teilzeitjob annehmen wegen Kinder und Haushalt und dann noch die jahrelange Auszeit wegen der Pflege Deiner bedürftigen Eltern und der Deines Partners: Geht gar nicht! Woher soll der Rentenanspruch denn kommen? Dafür muss man eben echt etwas leisten, Frau!

 

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