Friedrich Rückert – „Mir lebt jede Sprache, die Menschen schreiben“

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Deutschland, Zum Tage

Friedrich Rückert – „Mir lebt jede Sprache, die Menschen schreiben“

Manchmal gibt es witzige  Zufälle:
Als ich am Samstag vor einer Woche morgens im (noch) winterlichen Würzburg auf dem Weg vom Parkplatz zur Innenstadt am Main entlangging, stieß ich auf ein Schiff mit dem für ein solches Fahrzeug ungewöhnlichen Namen „Friedrich Rückert“.
„Ein poetischer Kahn“, dachte ich, aber das Schiff war alles andere als ein romantisches Boot. Immerhin heißt die Mainpromenade an dieser Stelle Leonhard-Frank-Promenade, so dass der Dichter dort zumindest auf einen anderen trifft.
Ich wunderte mich aber doch sehr über diese Namensgebung, denn Rückert ist ja nun kein Dichter, über den man immer wieder mal einfach so stolpert wie über Goethe, Schiller und Konsorten.

Heute nun – guck an! – stieß ich bei der SZ schon wieder auf Friedrich Rückert, nämlich auf einen Artikel zu seinem 150. Todestag. Der Beitrag hat den provokanten Titel: Vergesst Goethe, lest Rückert.
Auch beim Deutschlandfunk findet man einen Artikel zum 150. Todestag Rückerts, ebenso bei Neue Presse Coburg und auf der Plattform literaturkritik.de: Vermittler zwischen Orient und Okzident.

Friedrich Rückert (1788 – 1866) war ein deutscher Dichter, Lyriker und Übersetzer arabischer, hebräischer, indischer und chinesischer Dichtung. In Auszügen übersetzte er z.B. auch den Koran.
Zunächst war Rückert Autor von politischen Gedichten, später dann von Liebeslyrik. Friedrich Rückert war – dessen war ich mir nicht (mehr) bewusst – einer der meistgelesenen Schriftsteller seiner Zeit. Vor allem wurde er mit seinen „Kindertotenliedern“ bekannt, die Gustav Mahler vertonte.

Rückert stammte aus Schweinfurt. Bei allem, was ich jetzt (wieder) weiß: Es gibt Gründe genug, ein Schiff nach ihm zu benennen – und mehr …

 

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Mit jeder Sprache mehr, die du erlernst, befreist
Du einen bis daher in dir gebundnen Geist,
Der jetzo tätig wird mit eigner Denkverbindung,
Dir aufschließt unbekannt gewes’ne Weltempfindung,
Empfindung, wie ein Volk sich in der Welt empfunden;
Nun diese Menschheitsform hast du in dir gefunden.
Ein alter Dichter, der nur dreier Sprachen Gaben
Besessen, rühmte sich, der Seelen drei zu haben.
Und wirklich hätt‘ in sich nur alle Menschengeister
Der Geist vereint, der recht wär‘ aller Sprachen Meister.

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Grammatische Deutschheit
Neulich deutschten auf Deutsch
vier deutsche Deutschlinge deutschend,
sich überdeutschend am Deutsch,
welcher der Deutscheste sei.
Vier deutschnamig benannt: Deutsch,
Deutscherig, Deutscherling, Deutschdich,
selbst so hatten zu deutsch sie
sich die Namen gedeutscht.
Jetzt wettdeutschten sie,
deutschend in grammatikalischer Deutschheit,
deutscheren Komparativ,
deutschesten Superlativ.
„Ich bin deutscher als deutsch.“
„Ich deutscherer.“
„Deutschester bin ich!“
„Ich bin der Deutschereste,
oder der Deutschestere.“
Drauf durch Komparativ
und Superlativ fortdeutschend,
deutschten sie auf bis zum –
Deutschesteresteresten;
bis sie vor komparativisch
und superlativer Deutschung
den Positiv von Deutsch
hatten vergessen zuletzt.

 

 

 

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