Die verbotene Halbinsel Wustrow
Die Halbinsel Wustrow: eine spannende Geschichte – eine spannende Landschaft – ein spannender Nicht-Ort …
An der schmalsten Stelle zwischen Salzhaff und Ostsee in Rerik geht es weiter – und doch nicht.
Eine ganze Halbinsel hängt dran am schmalen Reriker Damm: 10 Quadratkilometer groß – bebaut und doch unbewohnt – mit wunderschöner Landschaft und doch menschenleer.
So ist das. Das gesamte Gebiet ist trotz intensiver Räumung immer noch munitionsverseucht – vermutlich an Stellen, an denen man nicht unbedingt damit rechnet.
Das Betreten ist also strengstens verboten. Alles ist hermetisch abgeriegelt. Es gibt aber seit ein paar Jahren die Möglichkeit, an Führungen per Planwagen oder zu Fuß teilzunehmen.
Es war die Planwagenfahrt über die Halbinsel, die ich zuerst präferierte. Allerdings war dort kein Platz mehr zu bekommen – was sich aber als absoluter Glücksfall erwies: Zu Fuß und unter extrem kundiger und dabei lebendiger Führung bekommt man doch viel mehr mit als bei einer Fahrt – von der Möglichkeit, zu fotografieren, gar nicht zu reden. Edelgard und Klaus Feiler leben für die Insel und haben auch ein Buch darüber geschrieben, das ich hier schamlos erwähne. Für die beiden ist Wustrow ihr Lebensinhalt – und das kommt rüber.
Hat man eine der Führungen gebucht, wird zu Beginn am Tor akribisch nachgefragt, wer wer ist. Man darf sich nicht von der Gruppe entfernen.
Öffnet sich das Tor, liegt eine grob gepflasterte Straße vor einem, die zunächst zu einer Art Pförtnerhäuschen führt, das heute leer steht und nostalgisch dekoriert ist. Hier gab es für die Gruppe eine erste Einführung.
Die Halbinsel Wustrow wird in drei Zonen gegliedert. Hinter dem Damm beginnt der rund 100 Hektar große, bebaute Teil der früheren Wohnsiedlung Rerik-West und der militärischen Zweckbauten. Dahinter folgt eine 200 ha große Fläche, die Teil des Landschaftsschutzgebietes Salzhaff ist, und den Rest nimmt das großes Naturschutzgebiet „Wustrow“ ein.
1933 erwarb die Reichswehr das Gut der Familie von Plessen auf Wustrow und baute es zur größten Ausbildungsstelle der deutschen Flakartillerie aus. Außerdem wurden ein Luftabwehr- und Luftwaffenstützpunkt errichtet. Auf dem Militärgelände waren vorwiegend Offiziere, Soldaten bzw. Offiziersfamilien untergebracht. Militärische Übungen waren an der Tagesordnung. 1937 befanden sich auf der Halbinsel bereits 180 Gebäude und auch ein Hallenbad, das zu dieser Zeit das modernste Deutschlands war.
Am 2. Mai 1945 wurde die Halbinsel Wustrow kampflos an die sowjetischen Armee übergeben. Die Sowjetarmee erkannte die militärischen Vorteile von Wustrow erkannt: 1949 wurde die Sowjetarmee hier stationiert. Man schätzt, dass zeitweise bis zu 3000 Armeeangehörige und deren Familien auf Wustrow wohnten.
Es gab ein Kaufhaus, eine Schule sowie ein Krankenhaus – und auch ein Kino sowie eine Kegelbahn. Die Wohnungen hatten für damalige Verhältnisse einen hohen Standard, sie waren geräumig, mit Balkonen, guten Heizungen und Sanitäranlagen ausgestattet.
Schießübungen auf Boden-, See- und Luftziele waren ebenso üblich wie Panzerübungen und andere militärische Vorgänge. Wustrow wurde durch einen gut gesicherten Zaun von Rerik und der übrigen Welt abgetrennt. Die Kontakte zur Bervölkerung beschränkten sich auf das Notwendigste.
Nach der politischen Wende 1989 entspannte sich das Verhältnis zur Bevölkerung. 1993 verließ die Sowjetarmee endgültig die Halbinsel. Der Abzug war 1994 abgeschlossen. Nach Abzug der Truppen wurde die „Gartenstadt“ 1995 unter Denkmalschutz gestellt, den man allerdings später wieder aufhob, um Wustrow besser verkaufen zu können. Dazu in einem weiteren Beitrag mehr.
Wer zusätzliche Infos möchte: hier und hier.
Im Moment verrottet die Infrastruktur so vor sich hin. Ein Lost Place.
Geht man weiter, eröffnet sich eine vergangene Welt.
Gebäude durfte man keine betreten, deshalb gibt es nur Außenaufnahmen.
Lost Place – direkt am wunderschönen Ostseestrand …
An diesem Punkt hier ist die Hälfte des Weges erreicht – man befindet sich am Rand des Landschatsschutzgebietes Salzhaff und biegt links ab zu den Gebäuden auf der Haffseite.
Hier im Blog geht es jetzt erst einmal ein Stück weit zurück – zum vielleicht schönsten Teil der Halbinsel. Dazu im nächsten Beitrag mehr.